Los 819
Musealer Waffenschrank aus dem Besitz König Albert von Sachsen
Schätzpreis:
40.000 € - 60.000 €
Ergebnis:
inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer
Beschreibung:
Dresden, Möbelfabrik Otto Schubert, datiert 1879250 x 100 x 63 cm
Eiche geschnitzt. Innen Holz, Eisen und Spiegel. Eintüriger Eckschrank mit gerundeter Front in Form eines Baumes, bekrönt von einem Adler mit breit ausgebreiteten Schwingen. Das Innere mit einer Haltevorrichtung für fünf Gewehre sowie verspiegelten Rückwänden. Auf der Türinnenseite zwei Plaketten, einmal mit der Widmungsinschrift: „Geschenk Ihrer Majestät Königin Carola Ihrem Gemahl Se. Majestät König Albert Weihnachten 1879.“, die zweite Plakette mit der Herstellerangabe: „Otto Schubert Möbelfabrik Dresden 1879“. Leichte Altersspuren.
Aus dem Besitz König Albert von Sachsen (1828-1902), als Weihnachtsgeschenk seiner Gemahlin Königin Carola von Sachsen (1833-1907), im Jahre 1887 für das Königlich Sächsische Jagdschloss Wermsdorf.
Privatsammlung Süddeutschland.
Ausstellung: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Schloss Hubertusburg, Wermsdorf: Raumschiff Hubertusburg. Traumschloss im Wandel. 15.05.2022 bis 31.10.2022.
Literatur: Sächsisches Hauptstaatsarchiv Bestand 1070, Nr. 499; Inventar Schloss Wermsdorf
Dieses überaus originelle und ausgefallene Möbel in Form eines Baumes ist in seiner Gestaltungsart als wohl einzigartig zu bezeichnen. Zwar gibt es meist aus der Schweiz stammende Möbel des Historismus, die ebenfalls Naturdarstellungen aufgreifen, aber nicht derart individuell und sorgfältig gearbeitet sind. Die Plaketten auf der Innenseite der Tür geben genau Auskunft über den Besitzer, den Anlass der Fertigung, sowie über den Hersteller.
Der Waffenschrank war ein Weihnachtsgeschenk der Königin Carola von Sachsen an ihren Gemahl den sächsischen König Albert im Jahre 1879. Aufgrund der naturalistischen Gestaltung als Baum und der Funktion zur Aufbewahrung von Gewehren lässt die Vermutung aufkommen, dass das Möbel für eines der Landschlösser der königlichen Familie gedacht war. Leider hat das Möbel die üblichen Inventaretiketten auf der Rückseite verloren. Glücklicherweise haben sich diese aber im Sächsischen Staatsarchiv in Dresden erhalten, insgesamt sind es vier Etiketten. Auf diesen ist folgendes festgehalten: Inventar des Königlichen Hausmarschall Amtes Das Königl. Schloß Wermsdorf betr. 499/ Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden: 10701 Staatskanzlei Nr. 499/ Anlage zum Staatsvertrag über die Vermögensauseinandersetzung mit dem vorm. Königshause vom 25.6.1924 Kasten 613 und Sächs. Landeshauptarchiv Dresden Sächs. Staatskanzlei Nr. 499.
Ebenso hat sich im Staatsarchiv das Inventarverzeichnis des Jagdschlosses Wermsdorf erhalten, dort ist folgendes zu lesen: “1. Etage Flur Gewehrschrank in Form eines Baumstammes worauf Thiere“. Dieser Eintrag belegt, dass sich dieser Schrank einst im Flur der ersten Etage im Schloss Wermsdorf befand. Ob sich einst mehrere Tiere auf dem Schrank befanden oder ob diese Angabe im Inventar ebenso wie die Jahreszahl 1878 nur eine Ungenauigkeit des Inventars darstellt, kann heute nicht mehr geklärt werden.
Das alte Wermsdorfer Jagdschloss wurde in den Jahren 1607 bis 1610 vom sächsischen Kurfürst Christian II. errichtet. Sein Nachfolger Kurfürsten Johann Georg I. beauftragte dann den Baumeister Simon Hoffmann Wermsdorf ganz im Zeitgeschmack der Renaissance umzubauen. Im Jahre 1626 waren die Bauarbeiten beendet und gaben dem Schloss sein heutiges Aussehen. Die wildreichen Wälder rund um das Schloss lockten die sächsischen Kurfürsten immer gerne nach Wermsdorf, um ihrer Jagdleidenschaft zu frönen.
Im Jahre 1696 übergab August der Starke Wermsdorf seinem Stadthalter Egon Fürst zu Fürstenberg, verbunden mit der Auflage die dortigen Wälder für die Parforcejagd herzurichten. Nach dem Tod Fürstenbergs übernahm August das Schloss und das Inventar wieder. Es verlor aber schnell an Bedeutung, da der Kurfürst 1721 ein neues Jagdschloss errichten ließ. Das im Stil des Barocks errichtete Schloss Hubertusburg diente dann als Jagdschloss der Sächsischen Herrscher.
Im Jahre 1874 übernimmt König Albert das Alte Jagdschloss und baut es zu seinem bevorzugten Jagdquartier aus. Das Königspaar machte nun regelmäßig Station in Wermsdorf und hielt dort jährlich die königliche Jagd ab.
Mit dem Ende der Wettiner Herrschaft im Jahre 1918 wird das kostbare Inventar in Teilen nach Dresden und Moritzburg verbracht und versteigert.
Das es sich bei diesem so außergewöhnlichen Schrank um ein persönliches Weihnachtsgeschenk der Königin an Ihren Gemahl handelt, welches darüber hinaus noch für ihr bevorzugtes Jagdschloss gedacht war, lässt vermuten, dass Carola dieses Geschenk ganz bewusst ausgewählt bzw. in Auftrag geben hat, um dem König eine große Freude zu bereiten.
Im Jahre 1872 gründete der Tischlermeister Otto Schubert seine Möbel Fabrik in Dresden. Sein „Magazin für complette Wohnungsausstatung“ befand sich in der Wallstr. 14. Das repräsentative Geschäft erstreckte sich über mehrere Etagen und war eine der ersten Adressen zum Kauf von Möbeln und Einrichtungsgegenständen in der sächsischen Hauptstadt.


