Los 1024
Ackermann, Max
Schätzpreis:
8.000 € - 12.000 €
Ergebnis:
24.605 € inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer
Beschreibung:
Berlin, 1887 - Unterlengenhardt, 1975100 x 90 cm, R.
"Diptychon Blau", 1963. Öl und Tempera auf Leinwand. In Farbkreide rückseitig auf dem Keilrahmen signiert und datiert "15. Okt. 1963".
Galerie Döbele, Stuttgart.
Sammlung Monika und Horst Bülow, Leonberg, dort 1987 erworben.
Ausstellung:
"Große Kunstausstellung München", Haus der Kunst, München 1964 (rückseitig mit Ausstellungsetikett).
"Max Ackermann 1887 - 1975. Zum 100. Geburtstag", Galerie der Stadt Stuttgart, Stuttgart 1987, Nr. 118 (mit ganzseitiger Farbabb.).
Max Ackermann, einer der konsequentesten Verfechter der abstrakten Kunst in Deutschland, verstand sein künstlerisches Schaffen als eine visuelle Entsprechung musikalischer Kompositionsprinzipien. Schon früh von Adolf Hölzel geprägt und in engem Austausch mit den Künstlern des Bauhauses, entwickelte er eine Bildsprache, in der Form und Farbe losgelöst von gegenständlicher Bindung als Träger rhythmischer Ordnungen wirken. Seine Kunst ist geprägt von dem Bestreben, sichtbare Harmonie und geistige Dimension miteinander zu verbinden.
Die beiden Werke "Diptychon Blau" und "Diptychon Rot" aus dem Jahr 1963 gehören zu den eindrucksvollsten Beispielen seiner späten Schaffensphase. Beide Gemälde basieren auf großen, monochrom wirkenden Farbflächen, die als pulsierende Bildräume gestaltet sind. In diese setzt Ackermann feine Linienzüge, kleine geometrische Zeichen und akzentuierte Farbinseln ein, die sich wie musikalische Noten zu einer Partitur der Farbe verdichten.
"Diptychon Blau" entfaltet eine ruhige, fast meditative Wirkung. Das satte, tiefgründige Blau öffnet einen Raum von Stille und innerer Sammlung, in dem die feinen Linien und kleinen Farbakzente wie leise Impulse oder Atemzüge erscheinen. In der Farbpsychologie wird Blau oft mit Transzendenz, Unendlichkeit und geistiger Klarheit assoziiert - Aspekte, die sich hier in einer malerischen Intensität verdichten.
Ganz anders tritt "Diptychon Rot" auf. Hier dominiert eine glühende, vibrierende Fläche, deren Strahlkraft durch sparsam gesetzte Kontraste in Blau, Gelb und Schwarz noch gesteigert wird. Während das Blau eine kontemplative Tiefe evoziert, entfaltet das Rot eine energetische Präsenz, die den Betrachter unmittelbar anspricht. Das Gemälde wirkt dynamisch, fast eruptiv - ein Bild der Bewegung, Leidenschaft und Vitalität.
In der Gegenüberstellung der beiden Arbeiten wird Ackermanns künstlerisches Anliegen besonders deutlich: Er begreift Farbe als eigenständige Kraft, die jenseits der Darstellung eine seelische und geistige Erfahrung eröffnet. Blau und Rot, Ruhe und Bewegung, Innerlichkeit und Ausdruckskraft bilden ein komplementäres Spannungsverhältnis, das in seiner Harmonie wie in seiner Polarität gleichermaßen trägt.
Diese Werke zeigen Ackermann auf dem Höhepunkt seiner reifen Kunst, in der sich jahrzehntelange Auseinandersetzung mit Abstraktion, Rhythmus und der Idee einer Farbsymphonie bündelt. "Diptychon Blau" und "Diptychon Rot" sind nicht nur autonome Gemälde von großer malerischer Intensität, sondern zugleich Zeugnisse eines künstlerischen Denkens, das die abstrakte Malerei als Ausdruck einer universalen Ordnung verstand.


