Los 1007
Nay, Ernst Wilhelm
Schätzpreis:
50.000 € - 80.000 €
Ergebnis:
101.010 € inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer
Beschreibung:
Berlin, 1902 - Köln, 196860 x 70 cm, R.
"Ballspieler", 1948. Öl auf Leinwand. In Öl unten links signiert und datiert.
Scheibler, 436.
Atelier des Künstlers.
Dr. Bernhard Sprengel, Hannover, dort 1950 erworben.
Hauswedell & Nolte, Hamburg, 235. Auktion, 6. 6. 1980, Lot 991.
Privatbesitz, Frankfurt.
Kunsthandel Brigitte Büdenhölzer, Emmendingen.
Sammlung Monika und Horst Bülow, Leonberg, dort 1987 erworben.
Ausstellung:
"E. W. Nay (Retrospektive)", Kestner-Gesellschaft, Hannover 1950 (außer Katalog).
"Deutsche und Französische Kunst der Gegenwart - Eine Begegnung", Städtische Kunsthalle, Ruhr-Festspiele, Recklinghausen 1950, Kat.-Nr. 145 (mit Abb.).
Literatur:
Friedrich Weltzien, "Ernst Wilhelm Nay - Figur und Körperbild - Kunst und Kunstteorie der vierziger Jahre", Berlin 2003, S. 200.
Publikation:
Galerie Lüpke & Schönbrunn, Katalog 1980, Frankfurt a. M. 1980, Kat. Nr. 28.
Mit "Ballspieler" aus dem Jahr 1948 liegt ein Werk von Ernst Wilhelm Nay vor, das in mehrfacher Hinsicht eine Schlüsselstellung in seinem Œuvre einnimmt. Es entstammt der Gruppe der "Fugalen Bilder", die den Übergang von den kriegsgeprägten, oftmals noch figural bestimmten Werken hin zu jener kraftvollen Abstraktion markieren, mit der Nay in den 1950er Jahren internationale Anerkennung erlangen sollte.
Der Titel verweist auf eine spielerische Dimension, die sich in der Komposition unmittelbar widerspiegelt: In kräftigen Rot-, Grün- und Blautönen entfalten sich dynamische Farbflächen, durchsetzt von schwarzen und weißen Kontrasten. Kreis- und Ovalformen scheinen sich über die Leinwand hinweg zu bewegen, als würden sie einander in einem tänzerischen Spiel verfolgen. Dieses Geflecht aus Formen und Farben wirkt wie eine visuelle Partitur - der Betrachter hat den Eindruck, als folge die Malerei den Regeln einer musikalischen Fuge, in der Themen einander aufnehmen, überlagern und variieren.
Gerade diese musikalische Struktur ist charakteristisch für Nays "Fugale Bilder". Sie stehen im Zeichen der künstlerischen Neuorientierung nach 1945, als Nay nach den dunklen Jahren der Isolation eine neue Freiheit des Ausdrucks gewann. Seine Begegnung mit der Avantgarde der Nachkriegszeit und die intensive Auseinandersetzung mit Fragen von Rhythmus, Ordnung und Bewegung fanden in diesen Arbeiten einen ersten Höhepunkt. "Ballspieler" ist ein herausragendes Beispiel dafür: Es verbindet den Elan des Neuanfangs mit der Konzentration auf das Wesentliche - Farbe, Form, Rhythmus.
Das Gemälde nimmt zugleich eine Vorreiterrolle ein. In den "Rhythmischen Bildern" der frühen 1950er Jahre sollten die runden Formen - später zu Scheiben und Augen verdichtet - das alleinige Bildthema werden. "Ballspieler" zeigt, wie früh Nay diesen Weg bereits anlegte. Damit wird das Werk nicht nur zu einem Zeugnis der unmittelbaren Nachkriegsmoderne, sondern auch zu einem Ausblick auf die entscheidende Entwicklung der deutschen Kunst im internationalen Kontext.
Für Sammlerinnen und Sammler ist "Ballspieler" von besonderem Reiz: Werke dieser Schaffensphase sind selten auf dem Markt und gelten als hochgeschätzte Zeugnisse der künstlerischen Transformation Nays. Sie dokumentieren jenen Moment, in dem sich die deutsche Kunst nach 1945 wieder in den internationalen Diskurs einschreibt - mit einem Maler, der kurze Zeit später auf der Biennale von Venedig und der documenta zum Protagonisten der westdeutschen Moderne avancierte.
In seiner Strahlkraft, in seiner musikalisch-rhythmischen Energie und in seiner kunsthistorischen Position verkörpert "Ballspieler" ein Werk von höchster Relevanz - ein Highlight für jede Sammlung, die sich den Schlüsselwerken der Klassischen Moderne widmet.


