Los 1012
Nay, Ernst Wilhelm
Schätzpreis:
90.000 € - 130.000 €
Ergebnis:
142.450 € inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer
Beschreibung:
Berlin, 1902 - Köln, 196890 x 90 cm, R.
"Sternblattranken", 1951. Öl auf Leinwand. In Öl unten links signiert und datiert sowie rückseitig auf dem Keilrahmen betitelt und datiert.
Scheibler, 566.
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen.
Kunsthandel Brigitte Büdenhölzer, Emmendingen.
Sammlung Monika und Horst Bülow, Leonberg, dort 1996 erworben.
Ausstellung:
"Ernst Wilhelm Nay - Bilder 1950/1951", Galerie Günther Franke, München 1951, Kat.-Nr. 15 (rückseitig mit Ausstellungsetikett).
I. Bienal do Museu de Arte Moderna de São Paulo, São Paulo 1951, Kat.-Nr. 15.
"Ernst Wilhelm Nay - Ölgemälde, Aquarelle und Grafiken", Overbeck-Gesellschaft, Lübeck 1953, Kunstverein Bremen, Kunsthalle Bremen, Bremen 1953, Kunstverein Steinernes Haus, Frankfurt 1953.
Literatur:
Ulrike Gross; Sebastian Preuss, "Zukunft und Erinnerung - Sechzig Jahre deutsche Kunst auf der Biennale São Paulo", in: "German Art in São Paulo, Deutsche Kunst auf der Biennale, German Art at the Biennial 1951-2012", Ostfildern 2013, S. 63 ff. u. S. 321.
Mit "Sternblattranken" aus dem Jahr 1951 präsentiert sich Ernst Wilhelm Nay auf der Höhe seiner international wegweisenden "Rhythmischen Bilder". Diese Werkphase, die er ab 1950 entwickelte, markiert den Durchbruch zu jener abstrakten Bildsprache, mit der er zum führenden Vertreter der deutschen Nachkriegsmoderne wurde.
In diesem Gemälde orchestriert Nay ein pulsierendes Geflecht aus Kreis-, Oval- und Tropfenformen, die sich in leuchtenden Rot-, Orange-, Gelb- und Grüntönen über die Leinwand entfalten. Schwarze und weiße Kontraste durchziehen das Bild wie ein rhythmisches Gerüst, rote Linien verbinden die Formen zu einer vibrierenden Partitur. "Sternblattranken" ist von einer Dynamik durchdrungen, die den Betrachter unmittelbar erfasst: Die Formen scheinen zu kreisen, sich anzuziehen und abzuweisen - ein visuelles Spiel aus Spannung, Bewegung und Balance.
Die "Rhythmischen Bilder" markieren nicht nur eine künstlerische Emanzipation von der Figuration, sondern auch den Anschluss an den internationalen Diskurs der abstrakten Malerei. In ihnen fand Nay eine unverwechselbare Sprache, die von der Kritik früh als genuin musikalisch beschrieben wurde - eine Malerei, die nicht mehr erzählt, sondern schwingt, klingt und atmet. "Sternblattranken" ist hierfür ein paradigmatisches Beispiel: Farbe wird hier nicht als Mittel zur Darstellung, sondern als autonome Kraft eingesetzt, die Rhythmus und Emotion unmittelbar erfahrbar macht.
Für Sammlerinnen und Sammler besitzt dieses Werk eine besondere Bedeutung. Mit seiner Größe, seiner Farbintensität und der klaren Position innerhalb des Œuvres gehört es zu jenen Gemälden, die Nays Rang im Kanon der Moderne begründen. Werke dieser Schaffensphase sind in wichtigen Museen vertreten - etwa im Museum Ludwig, Köln, der Tate Gallery, London, oder im MoMA, New York - und zählen auf dem internationalen Kunstmarkt zu den begehrtesten Arbeiten des Künstlers.
"Sternblattranken" steht exemplarisch für den Aufbruch einer neuen deutschen Kunst nach 1945, die wieder Anschluss an die internationale Avantgarde suchte und fand. Es ist ein Werk, das die künstlerische Freiheit der Nachkriegsjahre in reine malerische Energie übersetzt - ein Hauptwerk innerhalb von Nays "Rhythmischen Bildern" und ein Höhepunkt jeder Sammlung der Klassischen Moderne.


