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Los 1001

Schmidt-Rottluff, Karl

Schätzpreis:

10.000 € - 15.000 €

Ergebnis:

12.950 € inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer

Beschreibung:

Rottluff, 1884 - Berlin, 1976
50 x 35 cm, R.
"Sommerblumen", um 1955. Farbkreide und Tusche auf Japanpapier. In Farbkreide unten rechts signiert und rückseitig in Bleistift betitelt.
Das Werk ist in der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, registriert. Wir danken Frau Christiane Remm für die freundliche Unterstützung.
Villa Grisebach, Berlin, Auktion Nr. 146, "Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts", 9. 6. 2007, Lot 266.
Galerie Rudolf, Keitum.
Sammlung Monika und Horst Bülow, Leonberg, dort 2008 erworben.
Karl Schmidt-Rottluff zählt zu den prägendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Als Mitbegründer der Künstlergemeinschaft "Brücke" entwickelte er seit 1905 eine radikal neue Bildsprache, die den deutschen Expressionismus entscheidend formte. Sein Werk ist durch eine unerschütterliche Treue zur Farbe und zur expressiven Linie gekennzeichnet, die er bis in sein Spätwerk konsequent fortführte.
Die um 1955 entstandene Arbeit "Sommerblumen" ist ein charakteristisches Beispiel für die gestalterische Kraft seiner späten Jahre. Mit kräftigen Farbkreiden in leuchtenden Tönen von Rot, Gelb, Grün und Violett, kontrastiert durch dunkle Tuschelinien, gestaltet Schmidt-Rottluff einen Strauß in schlichter Vase. Die kräftigen Konturen geben den Formen Halt, während die vibrierende Farbigkeit den Blüten eine unmittelbare Präsenz verleiht.
Auffällig ist die expressive Vereinfachung der Formen: Blütenblätter, Stängel und Vase sind nicht naturalistisch wiedergegeben, sondern in freie, fast archaisch anmutende Zeichen überführt. Gerade diese Reduktion auf das Wesentliche, verbunden mit der kraftvollen Farbigkeit, schafft die emotionale Intensität, die Schmidt-Rottluffs Werk auszeichnet.
Das fragile Trägermaterial - feines Japanpapier - verstärkt die Leuchtkraft der Farben und verleiht der Komposition eine besondere Transparenz. Die Blüten wirken dadurch beinahe schwerelos und entfalten sich vor einem atmosphärischen Hintergrund, der in lockeren Strichen angedeutet ist.
Florale Motive nehmen im Œuvre Schmidt-Rottluffs eine zentrale Stellung ein. Bereits in den 1920er-Jahren wandte er sich immer wieder Blumenstillleben zu, die er als konzentrierte Bildmeditationen verstand. Im Spätwerk, dem auch "Sommerblumen" zuzurechnen ist, gewinnen diese Darstellungen eine zunehmend freie, gestische Handschrift. Sie sind weniger als realistische Abbilder gedacht, sondern vielmehr als Ausdruck einer inneren Empfindung - einer Feier der Farbe und Form im Zeichen des Expressionismus.
Das Blatt "Sommerblumen" zeigt eindrücklich, wie Schmidt-Rottluff auch in den 1950er-Jahren seiner künstlerischen Grundhaltung treu blieb und den Geist des Expressionismus lebendig hielt. In der Verbindung von kräftiger Linie, leuchtender Farbigkeit und formaler Vereinfachung manifestiert sich hier sein unverwechselbarer Beitrag zur Moderne.