Los 1016
Schumacher, Emil
Schätzpreis:
6.000 € - 9.000 €
Ergebnis:
7.770 € inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer
Beschreibung:
Hagen, 1912 - San José/Ibiza, 199936,5 x 20,5 cm, R.
"G-72/1958", 1958. Mischtechnik auf Karton. In Tusche unten rechts signiert und datiert.
Das Kunstwerk ist unter der Inventarnummer 0/1.190 in dem von Dr. Ulrich Schumacher angelegten Inventarverzeichnis der Emil Schumacher Stiftung aufgeführt. Wir danken Herrn Rouven Lotz, Emil Schumacher Museum, für die wissenschaftliche Beratung.
Villa Grisebach, Berlin, Auktion November 1987.
Galerie Zimmer, Düsseldorf.
Sammlung Monika und Horst Bülow, Leonberg, dort 1987 erworben.
Das Werk "G-72/1958" entstand in einer der entscheidenden Phasen von Emil Schumachers künstlerischem Schaffen. Ende der 1950er Jahre hatte sich der Maler endgültig vom Gegenstand gelöst und entwickelte eine Bildsprache, die durch gestische Freiheit, expressive Materialität und eine unmittelbar körperliche Präsenz geprägt ist.
Die Arbeit auf Karton zeigt exemplarisch, wie Schumacher das Material zum eigentlichen Träger des Ausdrucks machte. Die Oberfläche ist von Schichtungen, Kratzungen und Übermalungen gezeichnet, die dem Werk eine fast reliefartige Struktur verleihen. Schwarz gesetzte Linien durchziehen den Bildgrund, weiße Verdichtungen leuchten aus dem erdigen Ton heraus - ein Wechselspiel von Zerstörung und Aufbau, von Spur und Überlagerung. Gerade in dieser rohen Direktheit liegt die Kraft der Arbeit: Sie wirkt nicht komponiert, sondern wie im Prozess entstanden, als unmittelbarer Niederschlag eines künstlerischen Impulses.
Arbeiten auf Papier und Karton wie "G-72/1958" nehmen im Œuvre Schumachers einen besonderen Rang ein. Sie dokumentieren die Freiheit des Experimentierens, das ungestüme Ausprobieren von Material und Geste, und bilden zugleich eigenständige, hoch expressive Werke. In ihrer Unmittelbarkeit gelten sie bis heute als authentische Zeugnisse der informellen Kunst, die in den 1950er Jahren zum internationalen Ausdruck einer neuen künstlerischen Haltung wurde.
Für Sammlerinnen und Sammler haben Werke dieser Art eine besondere Faszination: Sie zeigen Emil Schumacher auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung zum Protagonisten des deutschen Informel, dessen Werk bereits ein Jahr nach Entstehung dieses Blattes auf der documenta II (1959) internationale Beachtung fand. Heute sind seine Arbeiten in bedeutenden Museen wie dem MoMA, New York, dem Centre Pompidou, Paris, oder der Tate, London, vertreten.
"G-72/1958" ist ein eindringliches Beispiel für Schumachers Fähigkeit, aus den einfachsten Materialien eine Malerei von elementarer Wucht und poetischer Tiefe zu schaffen - ein Werk von musealer Qualität, das jede Sammlung der Nachkriegskunst bereichert.


