Mouseover Zoom loading...

Los 1020

Winter, Fritz

Schätzpreis:

8.000 € - 12.000 €

Ergebnis:

16.835 € inkl. Aufgeld und Mehrwertsteuer

Beschreibung:

Altenbögge, 1905 - Herrsching am Ammersee, 1976
75 x 100 cm, R.
"Rot - Grün", 1954. Öl auf Karton, auf Leinwand aufgelegt. In Ritzung unten links signiert und datiert sowie in Bleistift rückseitig signiert, datiert und betitelt.
Lohberg, 1717.
Galerie Heimeshoff, Essen.
Sammlung Monika und Horst Bülow, Leonberg, dort 1985 erworben.
Das Werk "Rot - Grün" aus dem Jahr 1954 zeigt Fritz Winter auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Reife. Nach seiner Ausbildung am Bauhaus und den prägenden Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs entwickelte Winter eine abstrakte Bildsprache, die geprägt ist von einer spannungsvollen Balance zwischen Struktur und freiem Farbklang. Das vorliegende Gemälde gehört zu jenen Arbeiten der 1950er-Jahre, in denen Winter das Prinzip des Informel mit einer konstruktiven Klarheit verbindet.
Auf tiefschwarzem Grund setzen sich leuchtende Rechteckflächen in Gelb, Orange und Rot als vibrierende Farbkörper ab. Diese sind nicht isoliert, sondern verflochten mit linearen Strukturen, die aus aufgetragenem, reliefartig wirkendem Material bestehen. So entsteht ein spannungsvolles Wechselspiel zwischen der Fläche und der Linie, zwischen dem energetischen Leuchten der Farbe und der rauen, erdigen Materialität der Collage-Elemente. Winter gelingt es hier, Bewegung und Statik, Licht und Schatten, Farbe und Form in eine ebenso strenge wie lebendige Einheit zu fassen.
Der Titel „Rot - Grün“ darf dabei nicht als rein deskriptiver Hinweis auf die sichtbaren Farben verstanden werden, denn die charakteristischen Grüntöne fehlen auf den ersten Blick gänzlich. Vielmehr nutzt Winter den Titel als konzeptuelles Signal. Rot und Grün sind in der Farbtheorie komplementäre Gegensätze - Sinnbilder für Polarität, Spannung und energetischen Ausgleich. In dieser abstrakten Bildwelt bezeichnet "Rot - Grün" also nicht die konkret eingesetzten Pigmente, sondern die innere Dialektik der Komposition: das Gegenspiel von Hell und Dunkel, Fläche und Linie, Energie und Ruhe. Der Titel wirkt damit metaphorisch und verweist auf die geistige Ebene, in der das Bild seine volle Bedeutung entfaltet.
"Rot - Grün" entstand in einer Schaffensphase, die für Winters Stellung als einer der wichtigsten Vertreter der deutschen Nachkriegsabstraktion entscheidend war. Seine Teilnahme an der documenta I (1955) und seine Lehre an der Hochschule für Bildende Künste in Kassel machten ihn zu einer prägenden Gestalt der westdeutschen Kunstentwicklung. Das vorliegende Gemälde verdeutlicht in exemplarischer Weise, wie Winter der abstrakten Malerei eine neue existenzielle Tiefe und eine zugleich konstruktive Klarheit verlieh.
Ein Werk von seltener Strahlkraft und malerischer Dichte, das die charakteristische Spannung von Winters Œuvre zwischen Farbklang und Struktur, Freiheit und Ordnung auf einzigartige Weise verkörpert.